Bayern- und Trachtenvereinigung "Weißblau-Almfrieden" Karlsruhe e.V.

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Die Fächerstadt Karlsruhe wurde 1715 gegründet und hat wohl dank ihrer schönen architektonischen Bauweise und herrlicher Lage zwischen Rhein und Schwarzwald seit jeher reichen Zuzug aus anderen deutschen Gauen. So hatte sich wohl bereits um die Jahrhundertwende eine stattliche Anzahl unserer bayerischen Landsleute innerhalb der Tore der Stadt Karlsruhe angesiedelt (Ihnen können wir wohl zuschreiben, daß heute in Karlsruhe ein so ausgezeichnetes Bier zum Ausschank kommt). Doch noch mehr dürfen wir diesen Landsleuten danken dafür, daß sie sich bereits im Jahre 1898 zusammengefunden haben, im Gasthaus zum Tiroler in der Hirschstraße unter der Fahne Weiß-Blau, die gestiftet wurde vom Prinzregent Luipold von Bayern. Der Name des Vereins war "Bayernverein Weißblau Karlsruhe" und er erfreute sich großer Beliebtheit bei den hier ansässigen Bayern und Einwohnern unserer Stadt. Groß ist die Anzahl der stattgefundenen Veranstaltungen in der damaligen Festhalle und im Stadtgarten, noch reicher waren die Besuche und Gegenbesuche auswärtiger Vereine zu Trachtenfesten und Fahnenweihen.

Nach dem ersten Weltkrieg, der bereits große Lücken in die Reihen unserer Vereinsmitglieder riß, fand sich der Verein doch bald wieder zusammen und strebte mehr als je zuvor danach, die Sitten und Gebräuche unserer Heimat zu pflegen und zu erhalten. Im Jahre 1924 wurde in Karlsruhe ein weiterer Bayern- und Trachtenverein gegründet unter dem Namen "Almfrieden". In enger landsmännischer Zusammenarbeit mit dem bereits bestehenden Verein Weißblau wurde manche Veranstaltung bestritten und zum vollen Erfolg geführt.

Vom 8. bis 10. Juni 1929 war der Bayernverein Almfrieden dank seiner intensiven Vereinsarbeit und Opferbereitschaft aller Vereinsmitglieder und einiger Gönner des Vereins in der Lage, ebenfalls eine Fahnenweihe, verbunden mit einem großen Trachtenfest in der Karlsruher Festhalle abzuhalten. Freudigen Herzens begleitete der Verein unter Teilnahme des Patenvereins Almarausch Pirmasens und vieler auswärtiger Trachtenvereine vom Rhein-Main-Gau und aus der bayerischen Heimat, die Fahne zur kirchlichen Weihe in die Liebfrauenkirche. Stolz verließ die große Trachtenschar die Kirche, voran die neue Fahne, gefolgt von den Fahnen der Gastvereine und sie alle zogen in einem einmaligen Festzug durch die Straßen unserer Stadt zur Festhalle.

Groß waren die Opfer des Bayernvereins Almfrieden, um in der damals so schweren Zeit ein solches Fest abhalten zu können und es gebührt heute noch besonderen Dank dem damaligen Vereinsvorstand und späteren Ehrenvorstand Josef Lehmeier und seinen engsten Mitarbeitern. Nun war den Anhängern des Bayernvereins Almfrieden das Symbol gegeben, dessen ein Verein bedarf, der fern der Heimat sein Wirken entfaltet. Durch die politischen Wirren hindurch verfolgte der Bayernverein unangefochten seinen Weg, getreu seinem Wahlspruch:

Sitt und Tracht der Alten wollen wir erhalten

Ein weiterer Bayernverein "Bavaria" wurde im Jahre 1931 gegründet. Dank der guten Zusammenarbeit wurde im Jahre 1933 die Zusammenfassung der drei Karlsruher Bayernvereine Weißblau, Bavaria und Almfrieden beschlossen und mit Fug und Recht wurde das Gründungsjahr 1898 anerkannt, da viele Mitglieder aus dem 1898 gegründeten Bayernverein Weißblau stammten. Der Name des also gebildeten Vereins lautete ab da: Bayern- und Trachtenvereinigung Weißblau Almfrieden Karlsruhe". Die kommenden Jahre galten vor allem dem Aufbau der Trachtensache, dem Einüben von Tänzen und Liedern. Der Erfolg zeigte sich auch bald bei der Teilnahme an Trachtenfesten und Trachtenschauen, von denen unser Verein immer wertvolle Preise mit nach Hause brachte. 


1933

Doch dann brach der zweite Weltkrieg aus und unsere Burschen mußten die Lederhose mit der Feldgrauen und den Trachtenhut mit dem Stahlhelm tauschen. Unsere beiden Fahnen wurden oft mit dem Trauerflor verhangen, wenn wieder einer unsere Besten von uns gegangen war; bis dann in jener unglücklichen Nacht vom 3. auf 4. September 1942 im Klapphorn selbst unsere beiden Fahnen samt dem gesamten Vereinsinventar mit wertvollen Preisen und Pokalen den Bomben zum Opfer fiel. Es schien so, als ob damit das Schicksal unseres Vereins endgültig besiegelt sei. Doch das jahrelange Hoffen und Warten auf ein Wiedersehen in der Heimat führte die Menschen schneller zusammen als erwartet. Bereits im August 1946 kramten die ersten Heimkehrer ihre treu gehüteten Trachten wieder aus den Kellern und veranstalteten von da ab wieder regelmäßig Vereinsabende im Philister. So wie der Wiederaufbau in unserer umfangreich zerstörten Stadt nach der Währungsreform vorangetrieben wurde, so gestaltete sich auch der Aufbau in unserem Verein. Neue Mitglieder wurden aufgenommen, Trachten angeschafft oder verlorengegangene Teile ergänzt. 


1949


27. September 1949

In der Silvesternacht 1951 auf 1952, genau um Mitternacht, wurde der Grundstein zu einer neuen Fahne gelegt. Zwei Riesenbrezel von Fritz und Friedl Ruland wurden aufgeteilt und zum Verkauf dargeboten. Der seit dem 3. Oktober 1951 amtierende 1. Vorstand Franz Kleinwächter übergab mit den besten Wünschen die beiden Brezeln ihrer Bestimmung und gab der Hoffnung Ausdruck, in den kommenden Jahren wieder eine Fahne unser eigen nennen zu dürfen. Bereits in dieser Nacht spendeten unsere Mitglieder 41 DM. Das nun kommende Jahr stand vollständig im Zeichen unserer zukünftigen Fahne. In zahlreichen Veranstaltungen und Spenden unserer Mitglieder ihr Bestes, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Im September 1952 wurde dann unsere Fahne in der Taubstummenanstalt Kloster Hohenwart bei Ingolstadt bestellt und bis April 1953 fertiggestellt.

Am 9. und 10. Mai 1953 wurde schließlich in der Ausstellungshalle die Fahnenweihe mit einem großen Trachtenfest gefeiert. Groß war die Anzahl der Vereine mit dem Patenverein Almrausch an der Spitze, die das Fest mit verschönern halfen und stark war das Interesse der Karlsruher Bevölkerung an der zweitägigen Veranstaltung in der Ausstellungshalle am Festplatz und dem schönen Festzug durch die Innenstadt. Besonders erwähnenswert bei der Fahnenweihe in der Liebfrauenkirche, daß wohl zum ersten Male in einer Karlsruher Kirche bayerische Schrammelmusik erklang, welche unsere Sängergruppe zur Bauernmesse von A. Thoma begleiteten.

Als weiteren Markstein in der Vereinsgeschichte ist auch das 60-jährige Stiftungsfest, was am 21./22. Juni 1958 unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Günter Klotz in der Schwarzwaldhalle veranstaltet wurde. Gebirgs- und Volkstrachten, Musikkapellen, Jodlerinnen aus der Schweiz, Tirol, Bayern und dem Rhein-Main-Gau sowie unser Verein sorgten für schöne Programme an beiden Tagen und einen herrlichen Festzug durch die Stadt. Im Jahr 1966 wurden alle Probleme, betreffend das Vereinslokal auf längere Sicht aus der Welt geschafft. Zusammen mit dem Gartenverein Oberer See wurde ein Vereinsheim erstellt. Unsere Mitglieder haben hierzu weit über 2000 Arbeitsstunden geleistet und Materialwerte von 1400 DM beigesteuert.

Heute sind wir froh, daß wir im Oberer See ein Vereinslokal haben, in dem wir regelmäßig unsere Vereinsabende abhalten können - wie wir immer wieder von anderen Vereinen hören ist dies nicht selbstverständlich.

Leider bleibt auch der Bayernverein von der Vereinsmüdigkeit vieler Mitbürger, vor allem auch der jungen, zunehmend nicht verschont. Während wir unser 85- und 90-jähriges Vereinsjubiläum noch aus eigener Kraft mit einem großen Heimatabend feiern konnten, so müssen wir in den letzten Jahren - auch aufgrund des enormen wirtschaftlichen Risikos - kleinere Brötchen backen. Für Auftritte ist unser Stamm an Aktiven inzwischen zu klein. Nichts desto trotz hat der Verein nach wie vor ein lebendiges Vereinsleben. 1998 konnten wir gemeinsam mit einigen anderen Karlsruher Vereinen unser hundertjähriges Vereinsjubiläum feiern. Aufbruchsstimmung herrscht keine in diesen Tagen, aber noch sehen wir mit einem Mitgliederstand von ca. 50 gelassen in die Zukunft.

Autor: Franz Kleinwächter, Ergänzungen Richard Dolde